Mein antizyklischer Nachkauf im Mai zu – splitbereinigt – 41€ hat sich voll ausgezahlt. Ende Juni habe ich ihn bei 64€ wieder abgebaut, ein Gewinn von 56% in 6 Wochen.
Aktuell stehen aber die Q3-Zahlen von Snap im Fokus, die 3 Herausforderungen im Bereich der digitalen Werbung transparent gemacht haben:
Aufgrund der von Apple eingeführten iOS-Änderungen im Bereich Datenschutz kann Werbung nicht mehr so zielgerichtet wie früher auf die User zugeschnitten werden.
Die Lieferkettenprobleme und der Mangel an Arbeitskräften bei vielen Herstellern führen dazu, dass diese die Nachfrage ohnehin kaum bedienen können, so dass sie keinen Bedarf haben, auch noch Werbung zu schalten.
Die o.g. Probleme kommen zudem zur Unzeit, da das Q4 normalerweise von hoher Nachfrage, hoher Produktion, hohem Werbebedarf und hohen Werbepreisen geprägt ist. Diese Boom-Saison fällt also aus.
Da diese Gründe – zumindest in abgeschwächter Form – auch für The Trade Desk gelten dürften, bin ich heute ausgestiegen und warte nun erstmal die Quartalszahlen ab.
Hallo Gerrit,
danke wieder für Deinen fundierten Bericht zu TTD. Diesmal kann ich Deinen Ausstieg nicht nachvollziehen. Jedenfalls nicht auf Long-Basis ! Im letzten Bericht (s.h. oben) schriebst Du noch:
„Abgesehen von den naturgemäß schwankenden Werbeumsätzen muss man aber auch festhalten, dass TTD weiterhin stark vom Megatrend „Digitalisierung der Werbung“ profitiert und insbesondere vom beschleunigten Wechsel der Konsumenten weg vom analogen zum Internet-Fernsehen. Das Geschäftsmodell ist also weiterhin voll intakt.“
Genau aus diesen Gesichtspunkten kann man als „Longie“ aus meiner Sicht weiterhin an TTD festhalten. Aber man muss ja nicht immer einer Meinung sein. Grüße Andre
Lieber André,
völlig richtig, langfristig kann man an TTD sicherlich festhalten, wenn man bereit ist, etwaige Kursrückgänge auszuhalten bzw. dann auch aufzustocken.
Es gibt jedoch einen wichtigen Unterschied zu Mai: Damals habe ich den Kurssturz nicht vorausgesehen, der Markt hat auf leichte Schwächen m.E. sehr übertrieben reagiert. Zu diesem Zeitpunkt war meine Position sehr klein (glaube 0,5%), daher war der Einbruch für mich eine schöne Gelegenheit, wieder aufzustocken.
Heute liegen die aktuellen Q3-Zahlen von TTD ja noch nicht vor, der Preis (und damit die Erwartungshaltung) ist aber wieder sehr hoch. Daher erwarte ich, dass die Q3-Zahlen den Markt ähnlich wie bei Snap enttäuschen werden. Jetzt habe ich also die Chance, bereits vor dem vermeintlichen Kurssturz auszusteigen. Es muss natürlich nicht so kommen, aber die Wahrscheinlichkeiten sprechen m.E. dafür, dass es jedenfalls keinen Sprung nach oben geben wird. Insofern würde ich durch den jetzigen Ausstieg nichts verpassen. Wiedereinsteigen kann ich dann immer noch, ob es zum günstigeren Kurs gelingt wird man dann sehen.
Ob es für Privatanleger Sinn macht, eine Position mit ggf. hohen Gewinnen unter Zahlung von hohen Steuern zu veräußern, wäre eine ganz andere Frage, die ich so nicht beantworten kann (spoiler: meistens macht es keinen Sinn). Im wikifolio zahle ich beim Verkauf ja keine Steuern, insofern ist der Fall da deutlich einfacher.
Vielen Dank Gerrit. Das stimmt natürlich und ich denke auch, dass die Q-3 Zahlen den Markt enttäuschen werden. Daher kann ich Deine „Taktik“ voll und ganz nachvollziehen. Bleibe weiterhin am Ball bei Deinem Wikifolio. Grüße Andre
Die Q1-Zahlen bewirkten eine kalte Dusche, und ich halte sie für nachvollziehbar. Denn nachdem TTD in den beiden vorigen Quartalen die eigene Umsatz-guidance jeweils um mehr als 10% übertroffen hatte, wurde sie diesmal nur um gut 2% geschlagen. Das dürfte schon mal die erste Enttäuschung gewesen sein, auch wenn es starke 37% Wachstum bedeutete.
Die scheinbar spektakuläre guidance für Q2 von 87% Wachstum relativiert sich durch das sehr schwache Corona-Vergleichquartal deutlich. Wäre das Q2 2020 „normal“ ausgefallen (gleiches Wachstum wie Q1 und Q3 2020), würde die jetzige guidance etwa 23% bedeuten. Das wäre natürlich eine noch größere Enttäuschung.
Die 3. Enttäuschung dürfte der Hinweis gewesen sein, dass sich aufgrund der starken Vorjahresquartale das Umsatzwachstum im 2. Halbjahr deutlich verlangsamen wird. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Umsätze im Zusammenhang mit der US-Präsidentschaftswahl nicht wiederholbar sind.
Insgesamt kommen die kommunizierten Erwartungen m.E. nicht überraschend, weil sie im Wesentlichen aus dem Vergleich mit den Vorjahreszahlen resultieren. Für die hohe Bewertung, die TTD bisher aufwies, ist das Wachstum aktuell aber einfach zu gering, insofern war der Kurssturz m.E. durchaus berechtigt oder zumindest nachvollziehbar.
Abgesehen von den naturgemäß schwankenden Werbeumsätzen muss man aber auch festhalten, dass TTD weiterhin stark vom Megatrend „Digitalisierung der Werbung“ profitiert und insbesondere vom beschleunigten Wechsel der Konsumenten weg vom analogen zum Internet-Fernsehen. Das Geschäftsmodell ist also weiterhin voll intakt, auch wenn Wachstumraten und Bewertung an der Börse nicht immer ganz zusammenpassen… Für mich ein antizyklischer Nachkauf.
Vor der Corona-Krise lag The Trade Desk noch bei einem Kurs unter 300€. Damals habe ich das Unternehmen fälschlicherweise als mittelfristigen Verlierer dieser Krise eingeschätzt. Inzwischen hat sich gezeigt, dass Corona eine untergeordnete Rolle für TTD spielt. Der Wechsel von analoger Werbung hin zu digitalen, messbaren Formaten ist viel bedeutsamer. Das sieht man an den Zahlen: lediglich im Q2, als es weltweite Lockdowns und maximale Unsicherheit gab, hat das Geschäft gelitten (Umsatz -13%). Seit dem Q3 gibt es wieder erstaunliche 32% Wachstum. Und auch für Q4 geht CEO Jeff Green von 33% Wachstum YoY aus. Dabei liegen einige für TTD wichtige Branchen wie die Reiseindustrie praktisch noch brach. Wenn hier im Zuge der Verbreitung des Impfstoffs die Werbebudgets sukzessive wieder hochgefahren werden, wird TTD nochmals profitieren. Daher gehe ich davon aus, dass sich das Wachstum 2021 sogar beschleunigen wird.
Trotz des inzwischen mehr als verdoppelten Kurses bin ich daher nun mit einer kleinen Position wieder eingestiegen.
Die Q2-Zahlen waren wie erwartet schwach: Umsätze von 139 Mio $ bedeuten einen YoY Rückgang um 13%. Zusammen mit den 161 aus Q1 und der guidance von 179 für Q3 (9% Wachstum) wären das nach 9 Monaten 479 Mio $. Wenn im Q4 dann auch 9% Wachstum erreicht würde, wären wir bei 714 Mio $ für 2020. Im Vergleich zu 2019 wären das dann 8% Wachstum. Verdammt wenig für ein Unternehmen, das dann mit einem Forward EV / Sales von 29 bewertet würde.
Komischerweise scheint das die Investoren weiterhin nicht zu stören. Positiv ist sicherlich, dass The Trade Desk nach einem Einbruch der Umsätze ab Mitte März inzwischen wieder ein Wachstum im Jahresvergleich vorweisen kann. Die Talsohle ist also bereits durchschritten. Ob sich das Wachstum bis zum Jahresende aber wieder soweit erholt, dass ein solch hoher Preis gerechtfertigt ist, wage ich zu bezweifeln. Die wieder einmal langatmigen Vorträge des CEO Jeff Green im Earnings Call, wie sehr TTD vom Schwenk weg von analoger zu digitaler Werbung profitiert, sind zwar nicht ganz falsch, aber angesichts der doch sehr bescheidenen Wachstumszahlen deutlich übertrieben. Ich fühle mich dadurch eher in die Irre geführt als geleitet. Das Wachstum von TTD wird in diesem Jahr massiv zurückgehen, Punkt. Eine solche klare Aussage vermisse ich in den Ausführungen.
Im Gegensatz zu Twilio, die ihr Wachstum im letzten Quartal sogar noch beschleunigen konnten, ist The Trade Desk, wie von mir erwartet, im Q1stark von der Kürzung der Marketing-Ausgaben der Kunden betroffen.
Gegen Ende April ist der Umsatz laut CEO Jeff Green im Vergleich zum Vorjahr „im hohen Zehnerbereich“ zurückgegangen, d.h. also um 16-19%. Das sei aber schon eine „graduelle Verbesserung“ im Vergleich zu der Zeit ab Mitte März, als es also noch schlechter lief.
Ich denke man muss davon ausgehen, dass The Trade Desk in diesem Jahr nur ein sehr schwaches Wachstum, vielleicht auch eine Stagnation aufweisen wird. Insofern waren meine Beweggründe, in der Corona-Krise nicht mehr auf The Trade Desk zu setzen, richtig. Dass die Aktie aktuell dennoch wieder auf ihrem Allzeithoch notiert, grenzt fast an ein Wunder. Ich denke 2 Faktoren spielen hier zusammen:
1. Die Q1-Zahlen sahen mit 33% Wachstum bisher nicht so schlecht aus. Das wird im Jahresverlauf aufgrund der starken Verschlechterung ab Mitte März aber nicht so bleiben.
2. Es gibt, wie in vielen Bereichen, einen Trend zur Digitalisierung. Genauso wie Online-Shopping weniger leidet als Offline-Shopping, ist es auch mit der Werbung. Digitale Werbung kann viel besser auf den einzelnen User zugeschnitten werden als herkömmliche Werbung „mit der Gießkanne“, wie sie durch Plakate oder Fernsehwerbung angeboten wird. Darüber hinaus lässt sich die Wirksamkeit viel präziser messen. Diese beiden Aspekte führen dazu, dass die aktuell sehr sparsamen Werber stärker auf digitale Werbeformate setzen, wie TTD sie anbietet. TTD leidet daher zwar, aber weniger als die klassischen Werbeplattformen.
Insgesamt kann ich mir dennoch nicht vorstellen, dass TTD sich in diesem Jahr bei den aktuellen Kursen behaupten kann, wenn das Wachstum fast auf 0 fällt und das EV / Sales bei über 20 liegt. TTD ist ein zyklisches Unternehmen, und diesen Aspekt sehe ich aktuell nicht (mehr) eingepreist.
Mein antizyklischer Nachkauf im Mai zu – splitbereinigt – 41€ hat sich voll ausgezahlt. Ende Juni habe ich ihn bei 64€ wieder abgebaut, ein Gewinn von 56% in 6 Wochen.
Aktuell stehen aber die Q3-Zahlen von Snap im Fokus, die 3 Herausforderungen im Bereich der digitalen Werbung transparent gemacht haben:
Da diese Gründe – zumindest in abgeschwächter Form – auch für The Trade Desk gelten dürften, bin ich heute ausgestiegen und warte nun erstmal die Quartalszahlen ab.
Hallo Gerrit,
danke wieder für Deinen fundierten Bericht zu TTD. Diesmal kann ich Deinen Ausstieg nicht nachvollziehen. Jedenfalls nicht auf Long-Basis ! Im letzten Bericht (s.h. oben) schriebst Du noch:
„Abgesehen von den naturgemäß schwankenden Werbeumsätzen muss man aber auch festhalten, dass TTD weiterhin stark vom Megatrend „Digitalisierung der Werbung“ profitiert und insbesondere vom beschleunigten Wechsel der Konsumenten weg vom analogen zum Internet-Fernsehen. Das Geschäftsmodell ist also weiterhin voll intakt.“
Genau aus diesen Gesichtspunkten kann man als „Longie“ aus meiner Sicht weiterhin an TTD festhalten. Aber man muss ja nicht immer einer Meinung sein. Grüße Andre
Lieber André,
völlig richtig, langfristig kann man an TTD sicherlich festhalten, wenn man bereit ist, etwaige Kursrückgänge auszuhalten bzw. dann auch aufzustocken.
Es gibt jedoch einen wichtigen Unterschied zu Mai: Damals habe ich den Kurssturz nicht vorausgesehen, der Markt hat auf leichte Schwächen m.E. sehr übertrieben reagiert. Zu diesem Zeitpunkt war meine Position sehr klein (glaube 0,5%), daher war der Einbruch für mich eine schöne Gelegenheit, wieder aufzustocken.
Heute liegen die aktuellen Q3-Zahlen von TTD ja noch nicht vor, der Preis (und damit die Erwartungshaltung) ist aber wieder sehr hoch. Daher erwarte ich, dass die Q3-Zahlen den Markt ähnlich wie bei Snap enttäuschen werden. Jetzt habe ich also die Chance, bereits vor dem vermeintlichen Kurssturz auszusteigen. Es muss natürlich nicht so kommen, aber die Wahrscheinlichkeiten sprechen m.E. dafür, dass es jedenfalls keinen Sprung nach oben geben wird. Insofern würde ich durch den jetzigen Ausstieg nichts verpassen. Wiedereinsteigen kann ich dann immer noch, ob es zum günstigeren Kurs gelingt wird man dann sehen.
Ob es für Privatanleger Sinn macht, eine Position mit ggf. hohen Gewinnen unter Zahlung von hohen Steuern zu veräußern, wäre eine ganz andere Frage, die ich so nicht beantworten kann (spoiler: meistens macht es keinen Sinn). Im wikifolio zahle ich beim Verkauf ja keine Steuern, insofern ist der Fall da deutlich einfacher.
Vielen Dank Gerrit. Das stimmt natürlich und ich denke auch, dass die Q-3 Zahlen den Markt enttäuschen werden. Daher kann ich Deine „Taktik“ voll und ganz nachvollziehen. Bleibe weiterhin am Ball bei Deinem Wikifolio. Grüße Andre
Die Q1-Zahlen bewirkten eine kalte Dusche, und ich halte sie für nachvollziehbar. Denn nachdem TTD in den beiden vorigen Quartalen die eigene Umsatz-guidance jeweils um mehr als 10% übertroffen hatte, wurde sie diesmal nur um gut 2% geschlagen. Das dürfte schon mal die erste Enttäuschung gewesen sein, auch wenn es starke 37% Wachstum bedeutete.
Die scheinbar spektakuläre guidance für Q2 von 87% Wachstum relativiert sich durch das sehr schwache Corona-Vergleichquartal deutlich. Wäre das Q2 2020 „normal“ ausgefallen (gleiches Wachstum wie Q1 und Q3 2020), würde die jetzige guidance etwa 23% bedeuten. Das wäre natürlich eine noch größere Enttäuschung.
Die 3. Enttäuschung dürfte der Hinweis gewesen sein, dass sich aufgrund der starken Vorjahresquartale das Umsatzwachstum im 2. Halbjahr deutlich verlangsamen wird. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Umsätze im Zusammenhang mit der US-Präsidentschaftswahl nicht wiederholbar sind.
Insgesamt kommen die kommunizierten Erwartungen m.E. nicht überraschend, weil sie im Wesentlichen aus dem Vergleich mit den Vorjahreszahlen resultieren. Für die hohe Bewertung, die TTD bisher aufwies, ist das Wachstum aktuell aber einfach zu gering, insofern war der Kurssturz m.E. durchaus berechtigt oder zumindest nachvollziehbar.
Abgesehen von den naturgemäß schwankenden Werbeumsätzen muss man aber auch festhalten, dass TTD weiterhin stark vom Megatrend „Digitalisierung der Werbung“ profitiert und insbesondere vom beschleunigten Wechsel der Konsumenten weg vom analogen zum Internet-Fernsehen. Das Geschäftsmodell ist also weiterhin voll intakt, auch wenn Wachstumraten und Bewertung an der Börse nicht immer ganz zusammenpassen… Für mich ein antizyklischer Nachkauf.
Vor der Corona-Krise lag The Trade Desk noch bei einem Kurs unter 300€. Damals habe ich das Unternehmen fälschlicherweise als mittelfristigen Verlierer dieser Krise eingeschätzt. Inzwischen hat sich gezeigt, dass Corona eine untergeordnete Rolle für TTD spielt. Der Wechsel von analoger Werbung hin zu digitalen, messbaren Formaten ist viel bedeutsamer. Das sieht man an den Zahlen: lediglich im Q2, als es weltweite Lockdowns und maximale Unsicherheit gab, hat das Geschäft gelitten (Umsatz -13%). Seit dem Q3 gibt es wieder erstaunliche 32% Wachstum. Und auch für Q4 geht CEO Jeff Green von 33% Wachstum YoY aus. Dabei liegen einige für TTD wichtige Branchen wie die Reiseindustrie praktisch noch brach. Wenn hier im Zuge der Verbreitung des Impfstoffs die Werbebudgets sukzessive wieder hochgefahren werden, wird TTD nochmals profitieren. Daher gehe ich davon aus, dass sich das Wachstum 2021 sogar beschleunigen wird.
Trotz des inzwischen mehr als verdoppelten Kurses bin ich daher nun mit einer kleinen Position wieder eingestiegen.
Die Q2-Zahlen waren wie erwartet schwach: Umsätze von 139 Mio $ bedeuten einen YoY Rückgang um 13%. Zusammen mit den 161 aus Q1 und der guidance von 179 für Q3 (9% Wachstum) wären das nach 9 Monaten 479 Mio $. Wenn im Q4 dann auch 9% Wachstum erreicht würde, wären wir bei 714 Mio $ für 2020. Im Vergleich zu 2019 wären das dann 8% Wachstum. Verdammt wenig für ein Unternehmen, das dann mit einem Forward EV / Sales von 29 bewertet würde.
Komischerweise scheint das die Investoren weiterhin nicht zu stören. Positiv ist sicherlich, dass The Trade Desk nach einem Einbruch der Umsätze ab Mitte März inzwischen wieder ein Wachstum im Jahresvergleich vorweisen kann. Die Talsohle ist also bereits durchschritten. Ob sich das Wachstum bis zum Jahresende aber wieder soweit erholt, dass ein solch hoher Preis gerechtfertigt ist, wage ich zu bezweifeln. Die wieder einmal langatmigen Vorträge des CEO Jeff Green im Earnings Call, wie sehr TTD vom Schwenk weg von analoger zu digitaler Werbung profitiert, sind zwar nicht ganz falsch, aber angesichts der doch sehr bescheidenen Wachstumszahlen deutlich übertrieben. Ich fühle mich dadurch eher in die Irre geführt als geleitet. Das Wachstum von TTD wird in diesem Jahr massiv zurückgehen, Punkt. Eine solche klare Aussage vermisse ich in den Ausführungen.
Im Gegensatz zu Twilio, die ihr Wachstum im letzten Quartal sogar noch beschleunigen konnten, ist The Trade Desk, wie von mir erwartet, im Q1 stark von der Kürzung der Marketing-Ausgaben der Kunden betroffen.
Gegen Ende April ist der Umsatz laut CEO Jeff Green im Vergleich zum Vorjahr „im hohen Zehnerbereich“ zurückgegangen, d.h. also um 16-19%. Das sei aber schon eine „graduelle Verbesserung“ im Vergleich zu der Zeit ab Mitte März, als es also noch schlechter lief.
Ich denke man muss davon ausgehen, dass The Trade Desk in diesem Jahr nur ein sehr schwaches Wachstum, vielleicht auch eine Stagnation aufweisen wird. Insofern waren meine Beweggründe, in der Corona-Krise nicht mehr auf The Trade Desk zu setzen, richtig. Dass die Aktie aktuell dennoch wieder auf ihrem Allzeithoch notiert, grenzt fast an ein Wunder. Ich denke 2 Faktoren spielen hier zusammen:
1. Die Q1-Zahlen sahen mit 33% Wachstum bisher nicht so schlecht aus. Das wird im Jahresverlauf aufgrund der starken Verschlechterung ab Mitte März aber nicht so bleiben.
2. Es gibt, wie in vielen Bereichen, einen Trend zur Digitalisierung. Genauso wie Online-Shopping weniger leidet als Offline-Shopping, ist es auch mit der Werbung. Digitale Werbung kann viel besser auf den einzelnen User zugeschnitten werden als herkömmliche Werbung „mit der Gießkanne“, wie sie durch Plakate oder Fernsehwerbung angeboten wird. Darüber hinaus lässt sich die Wirksamkeit viel präziser messen. Diese beiden Aspekte führen dazu, dass die aktuell sehr sparsamen Werber stärker auf digitale Werbeformate setzen, wie TTD sie anbietet. TTD leidet daher zwar, aber weniger als die klassischen Werbeplattformen.
Insgesamt kann ich mir dennoch nicht vorstellen, dass TTD sich in diesem Jahr bei den aktuellen Kursen behaupten kann, wenn das Wachstum fast auf 0 fällt und das EV / Sales bei über 20 liegt. TTD ist ein zyklisches Unternehmen, und diesen Aspekt sehe ich aktuell nicht (mehr) eingepreist.