Zinserhöhungen wegen Inflation – wird’s jetzt ernst?

Rückschau

Vor einem knappen halben Jahr hatte ich einen Artikel zu Inflation und Zinserhöhungen verfasst. Hintergrund war, dass mein wikifolio Wachstumsstarke Disruptoren im Hinblick auf Zinserhöhungen besonders anfällig ist, daher beobachte ich die Zinsentwicklung an den Anleihemärkten sowie die Aussagen und Planungen der Notenbanken kontinuierlich. Nun scheint es mir an der Zeit, einmal Bilanz zu ziehen, ob die im Artikel gegebenen Einschätzungen und Erwartungen richtig waren und inwieweit sie weiterhin gelten.

Zunächst kann man festhalten: Mit meiner Annahme, dass es so schnell keine Zinserhöhungen geben wird, lag ich im Juni goldrichtig. Mein wikifolio Wachstumsstarke Disruptoren hatte sich nach dem 20%-Rückgang zwischen Mitte Februar und Mitte Mai glänzend erholt und Ende Juni neue Höchststände markiert. Meine Vorgehensweise, aggressiv nachzukaufen hatte funktioniert. Mitte November konnte es abermals neue Rekordstände verbuchen, folgerichtig habe ich Gewinne mitgenommen und meine Investitionsquote wieder auf 80% zurückgefahren.

Bis Ende November verlor das wikifolio lediglich 5% vom Höchststand. Eine Schwankung in dieser Größenordnung kommt sehr häufig vor (zwischen Ende Juni und Ende September allein 3 Mal) und ist daher nicht der Rede wert. In der 1. Dezemberwoche wurde es dann aber sehr ungemütlich, denn anders als sonst drehte die Performance nicht wieder nach oben, sondern beschleunigte sich nach unten. Stand heute sind es 16% unter dem letzten Hoch.

Wie konnte das passieren?

3 Gründe kann ich ausmachen:

  1. Zum einen standen in den letzten Wochen einige „Corona-Gewinner“ unter Druck, obwohl sie die von mir erwarteten Zahlen (die meistens deutlich über der offiziellen guidance der Unternehmen liegen) geliefert haben. Dazu zählen Fiverr, Zoom Video Communications und Teladoc Health, die ich eher als langfristige Digitalisierungsgewinner eingestuft hatte und damit bis heute auch nicht falsch lag. Der Markt hat auf die Quartalszahlen aber jeweils mit deutlichen Abverkäufen in den Folgetagen reagiert, nach dem Motto „danke für die guten Zahlen, aber wir glauben das werden die letzten gewesen sein“.
  2. Zum anderen habe ich die Geschäftsentwicklung bei einigen Einzelwerten tatsächlich überschätzt. Insbesondere Peloton und Docusign haben mit ihren Zahlen und / oder ihrem Ausblick enttäuscht, so dass die Kursentwicklung entsprechend verheerend war. Bei Elastic hatte ich das Unheil aufgrund der geringeren Wachstumsrate bei den Bookings im vorigen Quartal dagegen rechtzeitig kommen sehen und meine Position entsprechend deutlich reduziert.
  3. Den Haupteffekt für das wikifolio hatte aber eine wiederaufgeflammte Angst vor Zinserhöhungen, die die Kurse in den letzten 3 Tagen auf breiter Wachstumsfront haben zurückgehen lassen. Interessant ist dabei, dass anders als zwischen Februar und Mai die Zinsen am Anleihemarkt überhaupt nicht gestiegen sind, sondern sich diesmal tatsächlich und ausschließlich die Rhetorik der amerikanischen Notenbank (FED) deutlich Richtung Reduzierung der Anleihekäufe verschärft hat. Das ist wirklich ein Paradoxon, denn normalerweise müsste ja die Reduzierung der Anleihekäufe durch die FED zu einem deutlichen Anstieg der langfristigen Zinsen führen, denn die Anleihekäufe hatten ja gerade den Sinn und Zweck, die langfristigen Zinsen zu senken. Wie ist das zu erklären?
    Ich vermute, dass die Antwort in Omikron liegt: Die Marktteilnehmer haben Konjunktursorgen und gehen deshalb raus aus konjunktursensiblen Aktien und rein in Anleihen. Das senkt die Anleihe-Renditen. Dieser Effekt ist offenbar so stark, dass er aktuell sogar den gegenteiligen Effekt der FED-Rhetorik übertrifft (die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe steht aktuell bei 1,35% und damit so niedrig wie zuletzt Mitte September!). Und das müsste eigentlich dazu führen, dass nichtzyklische Wachstumsaktien, d.h. auch die ganzen Corona-resistenten Digitalisierungsgewinner, weiter profitieren müssten. Denn die tatsächlichen Zinsen sind weiterhin niedrig, Omikron droht wieder mit Reise- und Kontaktbeschränkungen, so dass digitale Geschäftsmodelle weiterhin prächtig laufen müssten. Und genau das war auch meine Annahme in den letzten Wochen, als die Omikron-Angst aufkam: mit meinen digitalen Wachstumsunternehmen müsste ich auf der sicheren Seite sein, denn Omikron spielt ihnen in die Hände. Die aktuell sich auftürmende Delta-Welle übrigens auch.

Fakt ist aber, dass ich insbesondere nach der verheerenden letzten Woche vor den Trümmern meiner Annahmen stehe, obwohl ich bei den Gründen 1 und 3 mit meinen Einschätzungen eigentlich richtig lag. Die Gretchenfrage ist jetzt natürlich: Wie geht es weiter?

Große Unsicherheiten

Egal welche Antwort man hier gibt, sie ist mit großer Unsicherheit behaftet. Und genau das zeigen die Börsen aktuell ja auch: Es wird (fast) alles verkauft, sowohl konjunktursensible Aktien als auch Corona-Gewinner, weil man einfach nicht weiß, was passieren wird, und das in mehrfacher Hinsicht:

  1. Bei Omikron weiß man im Grunde immer noch gar nichts, jedenfalls nicht mal halbwegs sicher. Wie ansteckend? Wie schwere Verläufe? Wie starke Umgehung von Impfstoffen? Und das wird auch noch einige Wochen so bleiben, bis aussagekräftige Studien vorliegen. Ich gehe daher nicht davon aus, dass sich die Zinsen am Anleihemarkt kurzfristig wieder stark erhöhen werden.
  2. Unabhängig von Omikron bekommen wir es über den ganzen Winter erstmal mit einer Delta-Welle zu tun, die sich gewaschen hat, und zwar in den Ländern, die keine hohen Impfquoten haben, wie z.B. Deutschland und den USA. In den USA scheint mir das Bewusstsein hierfür noch nicht besonders ausgeprägt zu sein, denn aktuell dominiert Omikron die Schlagzeilen, die Infektionszahlen sind noch nicht besonders hoch, es gibt kaum Kontaktbeschränkungen und die Annahme dürfte sein: Falls Omikron nicht allzu schlimm wird, geht es so locker weiter wie bisher. Hier bin ich mir sicher, dass diese Annahme noch böse enttäuscht werden wird. Denn die Impfquote liegt unter der von Deutschland, dazu wurde durchschnittlich deutlich früher geimpft und das Boostern ist auch nicht früher in Gang gekommen. Die Delta-Welle in den USA trifft daher auf eine kaum immunisierte Bevölkerung und dürfte daher nochmal sehr schlimm werden. Reise- und Kontaktbeschränkungen dürften zurückkehren, wenn man apokalyptische Szenen in den Krankenhäusern vermeiden will. Ich kann daher nicht mehr mit Ruhe in zyklischen Aktien, geschweige denn Reiseaktien investiert sein. Die Impfquoten sind auch weltweit, von positiven Ausnahmen wie Spanien ausgenommen, einfach viel zu gering, um von einer stabilen Weltwirtschaft ausgehen zu können.
  3. Sehr viel Unsicherheit bieten weiterhin die Themen Rohstoffe, Lieferketten, Inflation. Das Schwierige daran ist, dass die Lage sich deutlich unterschiedlich darstellt, je nachdem, in welchen Ländern gerade Corona-Wellen wüten und wo nicht. Im Q2 2020 brach erstmal weltweit etwa zeitgleich die Nachfrage ein – die Folge waren sinkende Preise. Im Q3 2020 startete die große Digitalisierungswelle, die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen waren aufgrund der Reiserestriktionen und Kontaktbeschränkungen aber weiterhin überschaubar. Die Leute saßen entweder zu Hause oder fuhren im Inland durch die Gegend. Aber kaum internationale Reisen und keine großen Einkäufe (außer Home-Office-Ausstattung). Die Nachfrage, die sich auf die Online-Plattformen fokussierte, konnte durch das Angebot gedeckt werden. Insbesondere war China schnell und dann lange Corona-frei, so dass Produktion und Lieferung aus Asien nicht gestört waren. Die Inflation war auf einem Tiefpunkt.
    2021 war dann das Jahr des großen Reopening in den wohlhabenden Ländern, insbesondere ab dem Frühsommer. Die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen stiegen aufgrund der Nachholeffekte weit über das normale Maß hinaus an. Gleichzeitig gab es in China aufgrund der geringen Impfquote plötzlich wieder unerwartete Lockdowns, die Produktion und Häfen lahmlegten. Die Folge waren eine weltweit stark auseinanderklaffende Nachfrage aus den wohlhabenden Ländern und Angebot aus den produzierenden Schwellenländern. Dies war die Hauptgrund für die anziehenden Preise, d.h. Inflation.

Aber was passiert nun in Zukunft?

  1. Falls man davon ausgehen kann, dass sich die Lage 2022 in den meisten Ländern dank der Impfstoffe tendenziell gleich gut entwickeln wird und dann Angebot und Nachfrage einigermaßen im Einklang stehen, müsste das die Preise wieder drücken, die Inflation entspannen und damit die Gefahr von Zinserhöhungen eindämmen.
  2. Falls es im Vergleich zu 2021 sogar einen umgekehrten Effekt gibt: Probleme in den westlichen Industrieländern mit reduzierter Nachfrage, bei gleichzeitig hohem Angebot aus China => Das würde die Inflation wieder soweit drücken, dass die Notenbanken ihre Geldpolitik sogar wieder lockern müssten. Dieses Szenario könnte dann eintreten, wenn Omikron eine hohe Impfstoff-Flucht aufweist, so dass die hohen Impfquoten der wohlhabenden Länder erstmal wenig nützen werden, während China mit seiner Null-Inzidenz-Politik auch gegen Omikron einigermaßen gut gewappnet wäre.
  3. Dritte Möglichkeit wäre, dass sich das aktuelle Szenario verfestigt, so dass eine längerfristig hohe Nachfrage auf ein längerfristig begrenztes Angebot trifft und die Inflation anheizt. Dieses Szenario scheint die FED aktuell im Auge zu haben, und ausgerechnet dieses halte ich aus mehreren Gründen für unwahrscheinlich:
    1. Die aktuell hohe Nachfrage ist mit Sicherheit teilweise auf Nachholeffekte zurückzuführen. Nachholeffekte können aber nicht dauerhaft sein, denn irgendwann ist es nachgeholt.
    2. Ergänzung 18.12.: Hauptproblem sind aktuell die gestörte Produktion und die beeinträchtigten Lieferketten => dagegen gibt es aufgrund der gestiegenen Preise Anreize und Anstrengungen, diese Probleme zu lösen.
    3. Zum anderen ist die Inflation aktuell (nur!) im Vergleich zum sehr schwachen 2020 hoch. Nächstes Jahr steht aber der Vergleich zu 2021 an, und der wird kaum nochmal so hoch ausfallen.
    4. Das Infektionsgeschehen, sollte es 2022 noch den Gang der Dinge dominieren, verläuft sehr dynamisch und unterschiedlich in den verschiedenen Regionen der Welt. Ich halte es daher für sehr unwahrscheinlich, dass sich so ein konstanter Nachfrageüberhang festsetzen kann. Wahrscheinlicher ist, dass sich alles mehrfach ändert, je nach Impfstatus, Jahreszeit und neuen Virusvarianten. Es ist daher nicht nur die Frage, wie sich Omikron entwickelt (schon die können wir aktuell nicht beantworten), sondern auch: Was kommt eigentlich nach Omikron? Aktuell suggerieren die Medien, dass das die letzte Variante sein wird, mit der wir uns beschäftigen müssen. Jeder Virologe würde einer solchen Aussage aber vehement widersprechen. Wir wissen einfach nicht, was kommt, daher macht es m.E. aktuell auch keinen Sinn, sich an der Börse abhängig vom unbekannten Verlauf der Pandemie entweder so oder so zu positionieren. Die Notenbanken wissen genauso wenig, wie es weitergeht, daher sind alle Annahmen und Vorhersagen über Dauer und Höhe der Inflation meines Erachtens, mit Verlaub, dummes Gerede.

Dazu kommt, dass man eine durch einen Angebotsengpass begründete Inflation durch höhere Zinsen kaum bekämpfen kann bzw. nicht tun sollte. Versuchte man es dennoch, würde man nicht das Angebot erhöhen, sondern die Nachfrage abwürgen, was zu einer Rezession führen würde. [Ergänzung 18.12.: Ein gestern erschienener Spiegel-Artikel von Thomas Fricke weist ebenfalls auf diesen Umstand hin.] Das aber würde anschließend noch stärkeres Gegensteuern erfordern, d.h. eine wieder deutlich lockerere Geldpolitik als vorher.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, wieviel Straffung der Geldpolitik die FED den USA eigentlich zumuten kann. Erst am Freitag konnte der US-Senat einen Regierungsshutdown (wg. nicht freigegebener Haushaltsmittel) in letzter Sekunde abwenden. Ausgerechnet Mitte Dezember, wenn die FED erwägt, ihre Geldpolitik evtl. weiter zu straffen, würden die USA aber auf ein viel größeres Problem treffen: sie erreichen ihre Schuldenobergrenze und würden damit zahlungsunfähig. Wie das zu Zinserhöhungen passen soll, ist aktuell das Geheimnis von Jerome Powell und einigen FED-Direktoren.

Fazit

Ich denke daher, dass die Notenbanken in der Falle sitzen. Sie müssen die (vorübergehende) Inflation mit niedrigen Zinsen dulden, wollen sie nicht größeren Schaden anrichten, der dann wieder eine noch lockerere Geldpolitik erfordern würde.

Natürlich heißt das nicht, dass die FED nicht trotzdem fälschlicherweise die Geldpolitik zu sehr straffen könnte, und auch nicht, dass die Kurse von Wachstumsunternehmen nicht weiter fallen werden. All das kann passieren, ich halte es aber nicht für sinnvoll und daher auch nicht für nachhaltig.

P.S.: Aktualisierungen

  • 15.12.21: Die FED hat in ihrer Sitzung nun tatsächlich mehrere Verschärfungen ihrer Geldpolitik beschlossen oder angekündigt:
    1. Die Anleihekäufe sollen schneller zurückgefahren werden, so dass die monatliche Ausweitung der Geldmenge im März 2022 endet. Es werden danach aber weiterhin keine Verkäufe vorgenommen, sondern auslaufende Anleihen werden weiterhin ersetzt, so dass die Geldmenge ab dann erstmal konstant bleiben wird.
    2. Die Mehrheit der FED-Notenbanker erwartet jetzt, dass es 2022 sogar 3 Zinsanhebungen á 0,25% geben wird. Das ist aber kein Beschluss, sondern erstmal nur eine Erwartung, die sich im Zeitverlauf noch beliebig ändern kann.
    3. Es soll, anders als zuvor von Jerome Powell kommuniziert, keine Wartezeit zwischen den Punkten 1 und 2 geben. D.h. nachdem die Ausweitung der Geldmenge gestoppt ist, soll es direkt anschließend die 1. Zinserhöhung geben.

      Puh – das muss man erstmal verdauen. Recht bizarr dabei: Obwohl die FED nun also unerwartet scharf gegensteuern will, glaubt der Markt es ihr nicht! Denn normalerweise müssten jetzt in Erwartung dieser Aktion die Zinsen der Staatsanleihen tatsächlich sprunghaft steigen. Stattdessen sind sie seit der Ankündigung sogar gesunken! Das ist geradezu unfassbar, ich weiß nicht ob es das überhaupt schon mal gegeben hat. D.h. der Markt sagt: Ja, lass mal gut sein liebe FED, aber das wissen wir besser. Wenn Du die Staatsanleihen nicht mehr kaufen willst, machen wir es halt!
  • 18.12.21: Mein aktueller Blick in die Glaskugel, wie es 2022 mit der Inflation und etwaigen Zinserhöhungen weitergeht:
    1. Die Inflationsrate wird zurückgehen. Schon im Dezember 2021 wg. der gesunkenen Energiepreise (wir erinnern uns: je höher der Ölpreis steigt, desto höher der Anreiz für die US-Fracker, mehr Öl zu produzieren. Daher gibt es da einen Deckel, an dem der Ölpreis im Dezember schon nach unten abgeprallt ist). Ab Januar 2022 dann weiter wg. der immer höheren Vorjahresvergleiche. Im weiteren Verlauf dann wg. der sich entspannenden Nachfrage und der sich lösenden Angebotsengpässe, da die Impfquoten immer höher werden und auch stärker auf die Schwellenländer ausgeweitet werden.
    2. Für März 2022, wenn die erste Zinserhöhung im Raume steht, könnte die Inflationsrate schon so weit zurückgegangen sein, dass die FED sich fragen wird, ob sie nicht doch noch ein wenig warten soll. In jedem Fall sehe ich die jetzt im Raum stehenden 3 Zinserhöhungen für 2022 als sehr fraglich. Die Inflation wird nicht dauerhaft sein, wie Jerome Powell nun meint, und daher wird er auch keine Basis für die am 15.12. angekündigte Politik haben. Er wird zurückrudern müssen.
  • 05.05.22: Stand heute muss ich feststellen, dass ich mit meinen Erwartungen ziemlich falsch lag. Eingetreten ist bisher:
    1. Omikron ist viel milder als die bisherigen Varianten, vor allem bei Geimpften. Drosten lag in diesem Fall also falsch.
    2. China fährt aufgrund einer kaum geimpften Bevölkerung weiterhin Null-Covid-Strategie, die aufgrund der hohen Ansteckungsrate von Omikron nun besonders oft und langwierig sind.
    3. Damit hat sich das oben beschriebene Szenario 3 (hohe Nachfrage in westlichen Ländern, Produktions- und Lieferengpässe in China) tatsächlich verfestigt. Insofern ist in Sachen Inflation der Worst Case eingetreten.
    4. Russland’s Krieg verschärft das Problem noch weiter.
    5. Bis heute gab es bereits 3 Zinserhöhungen á 0,25%, weitere sollen laut gestriger FED-Sitzung folgen. Auch das habe ich unterschätzt.

5 Kommentare zu „Zinserhöhungen wegen Inflation – wird’s jetzt ernst?“

  1. Dank Gerrit,

    das ist schon ein Wahnsinn mit Corona und jetzt mit Omikron. Danke für die ausführliche Beschreibung. Bin wirklich sehr gespannt, wie es weitergeht. Ich selber bin geimpft und lasse mich vor Weihnachten auch noch Boostern. Aber bei den Ungeimpften bin ich schon bei Herrn Drosten. UND freuen sollte sich keiner, Corona ist immer noch da und wird mit unseren geringen Impfquoten auch nicht so schnell weggehen.
    Die FED werde ich auch im Auge behalten. Aber Du hast Recht, gestern ging es wieder ordentlich nach oben. Aber wer weiß, heute könnte schon wieder der Rückwärtsgang eingelegt werden. Wir werden sehen !!! Grüße

  2. Zu meiner Vermutung „dass eine längerfristig hohe Nachfrage auf ein längerfristig begrenztes Angebot trifft und die Inflation anheizt. Dieses Szenario scheint die FED aktuell im Auge zu haben“ habe ich im Text noch die Quelle verlinkt. Auszug daraus:
    Fed Chair Jerome Powell in testimony last week supported the idea of a faster taper and made a dramatic shift when he said the big concern with another wave of the coronavirus or new variant was inflation, because it might keep people out of work and worsen supply constraints. It was a big change for Powell and the Fed since previous virus waves have mostly raised worries about weak demand, not tight supply.
    D.h. die Sau, die in den letzten Tagen durch die Börse getrieben wurde, lautete: Omikron stört Lieferketten und Arbeitskräfte, das erhöht die Inflation, die die FED neuerdings stärker bekämpfen will, und dieses Straffen der Geldpolitik ist schlecht für hochbewertete Wachstumsaktien. Corona ist neuerdings also schlecht für digitale Corona-Gewinner. Auf die Idee muss man erstmal kommen!
    Aber mit dieser Logik kann man sowohl den kleinen Crash der Wachstumswerte in der letzten Woche als auch das gestrige Comeback erklären, denn gestern meldeten US-Medien, Omikron führe wohl eher zu milden Verläufen. Die nächste Sau sieht also so aus: Omikron verdrängt Delta, führt aber nur zu milden Verläufen, d.h. mit Omikron besiegt Corona sich praktisch selbst! Genial! D.h. es werden keine Lieferketten mehr gestört, die Inflation nimmt ab und die FED hat weniger Anlass, die Geldpolitik zu straffen. Also wieder rein in Wachstumswerte… Oh man, genau diese These, dass Omikron eher zu milden Verläufen führe, hat Christian Drosten gestern Abend als unwahrscheinlich dargestellt. Zitat: „Der Virologe warnte zugleich vor Euphorie angesichts vermutlich bevorstehender Meldungen aus Südafrika über einen milden Krankheitsverlauf. In Südafrika handle es sich um Wiederansteckungen von Menschen, die schon einmal […] das Coronavirus hatten. Deshalb sei die Situation mit Deutschland nicht zu vergleichen und deshalb spreche er eine Warnung für die Ungeimpften aus. ‚Es könnte sein, dass die Krankheitsschwere nicht nur nicht verringert ist. Es könnte sogar sein, dass es erschwert wird, die Krankheitsschwere.‘ Diese Annahme begründete Drosten mit der deutlich stärkeren Virusvermehrung bei Omikron. ‚Viel Virus, viel Krankheit‘ sagte der Virologe.

    1. Nun gibt es erste Hinweise, dass sich das Wachstum in den USA schon im Q1 2022 abschwächen wird. Viele Wirtschaftsanalysten an der Wall Street haben ihre Wachstumsprognose für das Q1 2022 auf fast 0% gesenkt. Dieser Artikel weist darauf hin, dass im Q4 2021 vom 6,9%-BIP-Wachstum in den USA allein 4,9%-Punkte auf die Erhöhung von Lagerbeständen zurückzuführen war. Im Q3 2021 sogar das gesamte BIP-Wachstum! D.h. als die Lieferketten unter Druck gerieten, haben die Unternehmen gehamstert und damit das Problem verschärft. Auch ein Großteil des Inflationsanstiegs dürfte damit auf diesen Effekt zurückzuführen sein. Aktuell seien die Lagerbestände auf Normalniveau zurückgekehrt und die Nachfrage habe sich deutlich abgeschwächt. Folgende Effekte kommen nun zusammen:
      1. Lagerbestände haben sich erholt
      2. Omicron-Welle dämpft Nachfrage
      3. Staatliche Stimuli sind ausgelaufen
      4. Notenbank tritt auf die Bremse
      => Würde die Notenbank ihre angekündigte Politik durchziehen, die sich Stand heute im Vergleich zu Dezember nochmal verschärft hat (inzwischen werden sage und schreibe 5 Zinserhöhungen am Markt erwartet), drohte eine Rezession.
      Soweit zum Inhalt des verlinkten Artikels. Es wird sehr spannend sein zu beobachten, wie sich die FED nun weiter verhalten wird. Denn wenn sich die Inflation nun tatsächlich abschwächen sollte und gleichzeitig das ausbleibende Wachstum wieder zu einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen führen sollte, wird das Auswirkungen auf die FED-Politik haben. Denn Jerome Powell hat immer wieder betont, dass die FED datengetrieben sei, d.h. sie wird nicht einfach blind die Zinsen erhöhen, sondern dies nur dann und nur solange tun, wie die relevanten Daten das auch begründen.

  3. Hallo Gerrit,

    vielen Dank für diesen tollen Beitrag. Es war eine Freude ihn zu lesen ! Ich bin auch sehr gespannt, wie es an den Märkten und drum herum weitergeht. Deinem Fazit kann ich mir nur anschließen. KEINER weiß zur Zeit, wie es in 2022 weitergeht. Überraschend finde ich dennoch, dass Du gestern noch im großen Stil Nutanix (nach)-gekauft hast.

    Rechnest Du also mit guten Q-Zahlen ? Und warum ist das so ? Auch NTX sollte von den Schwankungen stark betroffen sein und einen Gewinn haben sie bis heute auch noch nicht ausgewiesen. Schön finde ich, dass wir uns bei Digital Turbine einig sind, dieses tolle Unternehmen wird seinen Weg gehen, ob mit oder ohne Zinserhöhungen.

    In Sachen Docusign glaube ich auch, dass ein so innovatives Unternehmen weiterhin erfolgreich sein wird, auch wenn der 42-%-tige Rückgang doch recht heftig ausfiel.

    Wir werden sehen was kommt. Auf jeden Fall nochmals Danke für diesen tollen Artikel und eine schöne Weihnachtszeit für Dich !!!!

    Grüße André

    1. Hallo André,
      vielen Dank für das sehr freundliche Feedback!
      Nutanix hatte ich nur verkauft, weil sie sich – wie auch Pure Storage und CarGurus – sehr gut gehalten hatten und ich befürchtete, dass sie vom Markt in der Verkaufspanik übersehen wurden, da sie, wie Du richtig sagst, noch nicht profitabel sind. Lediglich der Cash Flow war im letzten Quartal erstmalig (fast) break-even. Mir schwante dann aber, dass der Markt hauptsächlich solche Unternehmen in der Schusslinie hatte, bei denen gedämpfte Wachstumserwartungen die hohen Bewertungen nicht mehr rechtfertigen konnten. Bei Nutanix sehe ich das nicht, die Bewertung ist mit einem EV/Sales 2022e von 3,6 wirklich günstig, und die Wachstumsprognose von >20% scheint auch realistisch. Das Problem, dass man bei Nutanix immer noch mit allerlei ungewohnten Kennzahlen hantiert, ist noch vorhanden und dürfte zunehmend verschwinden (im letzten Quartal lag das Umsatzwachstum erstmals fast gleichauf mit dem Wachstum des Run-rate-ACV). Auch die Profitabilität geht in die richtige Richtung. Insgesamt noch kein Fels in der Brandung, zugegeben, aber ich schätze die noch nicht eingepreisten Chancen höher ein als die Risiken, daher der Wiedereinstieg.
      Bei Pure Storage plane ich den übrigens auch, die stehen in Sachen Profitabilität schon deutlich besser da.
      Zu DocuSign schreibe ich noch was im Firmenprofil.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.