Erneuerbare Energien

Erneuerbare Energien sind der entscheidende Hebel zum Klimaschutz. Bis vor wenigen Jahren hat sich die europäische Politik (damit meine ich sowohl die der Nationalstaaten als auch der EU) zwar durchaus ernsthaft, aber nicht mit absoluter Priorität und Dringlichkeit um das Thema Klimawandel gekümmert (über die US-Regierung in den letzten 4 Jahren schweige ich lieber…). Es wurden zwar einige Anreize in Richtung CO2-armer Technologien gesetzt (z.B. Förderung von Solar- und Windkraftanlagen, sukzessive Verringerung der Emissionsgrenzwerte bei Fahrzeugen), aber es war doch eindeutig ein Thema von vielen, das politisch kompromittiert wurde mit Hinweis auf ein angebliches Erhalten von Arbeitsplätzen oder Sicherstellung von „bezahlbarer Energie“.

Dann kam FFF…

Und das änderte über Nacht fast alles. Ich muss zugeben, dass ich meine Begeisterung darüber kaum bremsen kann, wie junge, idealistische Menschen, ohne Wahlrecht und damit eigentlich ohne politischen Einfluss, der Politik klargemacht haben: jetzt ist Schluss. Es reicht, wir machen nicht mehr mit. Ihr zerstört den Planeten und damit unsere Zukunft. Und deshalb können wir nicht kompromissbereit sein.

Überzeugungskraft durch Wissenschaft

Das hat gesessen. Denn es war keine bloße Kompromisslosigkeit, sondern auch eine praktisch absolute Überzeugungskraft. Schließlich ging es hier nicht um persönliche Meinungen und Interessen einer bestimmten Gruppe, sondern es ging und geht um seit Jahrzehnten eindeutige Ergebnisse der Wissenschaft, die die Politik schon ebensolang bestenfalls halbherzig, zögerlich und mit Schein-Gegenargumenten zur Kenntnis genommen hat. Und dadurch die Zukunft aller Menschen gefährdet hat. Damit sollte jetzt Schluss sein. Man hatte den Eindruck, dass viele Politiker, die bisher zu den halbherzigen und zögerlichen zählten, beinahe erleichtert auf diese klare Ansage reagiert haben. Endlich konnten sie ihre innere Zerrissenheit zwischen der Wahrheit, die sie selber kannten, und dem (wahrgenommenen) Wunsch des Wählers, der von einschneidenden Änderungen und Verzicht erstmal nichts wissen wollte, auflösen.

Fridays for future hat scheinbar alle gleichzeitig überzeugt, denn inzwischen sieht auch die große Mehrheit der Bevölkerung den Klimawandel als ernstes und dringliches Thema, dem die Politik bitteschön angemessen entgegentreten soll. Aktuell gibt es in Deutschland keine demokratische Partei mehr, die der Bekämpfung des Klimawandels keine hohe Priorität mehr einräumen würde.

Neueste Beschlüsse

Kohleausstieg

Und es wurden bereits innerhalb kurzer Zeit Ergebnisse erzielt: Nach dem Atomausstieg 2011 (der in Deutschland als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe in Fukushima beschlossen worden war) wurde in erstaunlich kurzer Zeit 2020 auch der Kohleausstieg beschlossen. Das erhöht natürlich den Bedarf an Strom aus Erneuerbaren Energien massiv, denn Kohle hatte zuletzt noch einen Anteil von 24% an der Stromerzeugung. Die Restlaufzeitden der Kraftwerke sind zwar noch recht lang (bis 2038), aber dieser Zeitraum kann sich in den nächsten Jahren noch verkürzen. Sei es durch neue politische Entscheidungen, oder einfach durch den Fakt, dass Strom aus Erneuerbaren Energien inzwischen sogar günstiger hergestellt werden kann. Und die Preise für Solarzellen und Windkraftanlagen fallen weiter. Es gibt ja bekanntlich keinen stärkeren Anreiz für menschliches Handeln als beinharte finanzielle Vorteile…

Energieeinsparrecht für Gebäude

Darüber hinaus ist zum 1.11.2020 das „Gesetz zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude“ in Kraft getreten. Dadurch gibt es nun einheitliche Anforderungen an den Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden. Dadurch wird insbesondere die Biogas-Branche im Vergleich zu Erdgas und Steinkohle besser gestellt.

European Green Deal

Aber auch auf europäischer Ebene wird das Ruder massiv herumgerissen: Im Rahmen des Green Deal soll der gesamte Kontinent bis 2050 klimaneutral werden. Erreicht werden soll dies durch geeignete Maßnahmen in allen betroffenen Bereichen: Industrie, Landwirtschaft, Verkehr, Stromerzeugung und Gebäudeklimatisierung.

Veränderungen

Der Schwenk zu Erneuerbaren Energien bringt mehrere große Veränderungen mit sich:

  1. Die Zahl Orte, an denen Strom produziert wird, steigt massiv an. Die großen Zentralkraftwerke, die von wenigen Orten aus das gesamte Land mit Strom versorgen, werden durch sehr viele kleine Produzenten ersetzt. Jedes einzelne Windrad, jedes Solardach und jede Biogasanlage wird zu einem kleinen Kraftwerk, das Strom ins gemeinsame Netz einspeist. Diese Einspeisung hängt zudem stark davon ab, wo im Land gerade die Sonne scheint und wo gerade der Wind weht. Das erfordert eine ganz andere, viel intelligentere Steuerung des Stromnetzes (Smart Grids). Darüber hinaus auch Speichermöglichkeiten.
  2. Bisher waren die großen Kraftwerke dort aufgestellt, wo auch der höchste Verbrauch anfiel, d.h. eher im Westen und Süden Deutschlands. Nun werden die Windräder vor allem da aufgestellt, wo der Wind am häufigsten und stärksten weht, und das ist vor allem das norddeutsche Flachland bzw. die Nordsee. Theoretisch auch die Bergkämme der Mittelgebirge, aber diese wertvollen Ökosysteme wird man nicht grenzenlos mit Windrädern vollpflastern wollen. Der Schwerpunkt der Stromerzeugung verlagert sich also und erhöht damit den Bedarf, Strom über größere Strecken als bisher zu transportieren.
  3. Mit der Elektrifizierung des Verkehrs steigt der Strombedarf massiv an. 2018 betrug der gesamte Stromverbrauch in Deutschland etwa 500 TWh, der Energieverbrauch des Verkehrssektors 750 Terawattstunden (TWh), wobei dieser zu 94% aus Öl gewonnen wurde. Wenn man davon ausgeht, dass E-Motoren einen mehr als doppelt so hohen Wirkungsgrad wie Verbrenner haben, würden für eine vollständige Elektrifizierung des Verkehrs aktuell ca. 300 TWh benötigt. Dazu müsste die Stromproduktion also auf 800 TWh gesteigert werden, d.h. um 60%!
    Aber es geht noch weiter: Von den 500 TWh wurden 2019 knapp die Hälfte aus Erneuerbaren Energien produziert, also rund 250 TWh. Um die gesamte Stromerzeugung inkl. elektrisiertem Verkehr zu stemmen, müssen die Erneuerbaren Energien also auf das 3-fache gesteigert werden! Und das gilt für Deutschland mit einem der höchsten Anteile an Erneuerbaren Energien. In der meisten anderen Ländern ist der Anteil der Erneuerbaren Energien am Strommix viel geringer, so dass der Bedarf an Erneuerbaren Energien weltweit noch viel stärker steigt.
  4. In Bereichen, die nicht elektrifiziert werden können (z.B. die Stahlerzeugung und die Düngemittelherstellung) oder bei denen dies nicht sinnvoll möglich ist (z.B. beim Heizen von Gebäuden) müssen die bisher genutzen Energieträger wie Kohle oder Gas durch klimaneutrale Brennstoffe ersetzt werden. Dies können z.B. Biogas oder grüner Wasserstoff (aus Erneuerbaren Energien hergestellt) sein. Da bei der Herstellung von grünem Wasserstoff bisher mehr als die Hälfte der Energie verloren geht, würde das den Energiebedarf in diesem Bereich mehr als verdoppeln…
    Alternativ könnte man mit Wärmepumpen (Prinzip Kühlschrank) arbeiten, die dann mit Strom aus Erneuerbarer Energie zu betreiben wären.

Cui bono?

Für uns als Investoren ist bei solchen Megatrends natürlich immer die Frage: Wer profitiert? Dabei beschränke ich mich auf börsennotierte Unternehmen, deren Umsatzschwerpunkt in dem genannten Bereich liegt. Große Konzerne wie ABB, Siemens oder Schneider Electric, die fast überall irgendwie mitmischen, aber pro Bereich nur einen relativ geringen Umsatzanteil aufweisen, lasse ich außen vor.

Wichtig: Die Tatsache allein, dass ein Unternehmen grundsätzlich von einem Trend profitiert, bedeutet natürlich noch lange nicht, dass ein solches Unternehmen auch ein gutes Investment wäre. Denn gerade größere Trends führen in der Regel zu mehr Konkurrenz, und das wiederum zu niedrigeren Gewinnmargen. Darüber hinaus sind Unternehmen, die von einem bekannten Trend profitieren, oft schon sehr hoch bewertet. Diese Kombination kann leicht dazu führen, dass die Hoffnung auf steigende Gewinne sich nicht in dem Maße erfüllt, wie es der Aktienkurs erfordern würde.

Daher ist es bei solchen Trend-Unternehmen besonders wichtig, eine fundierte Analyse der tatsächlichen Gewinnaussichten vorzunehmen und realistisch zu beurteilen. Insbesondere die Frage nach einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil (ökonomischer Burggraben) sollte dabei nicht vernachlässigt werden. Dieser Aspekt wurde bei den unten genannten Unternehmen bisher nicht berücksichtigt!

  1. Smart-Grid Technologie: Alfen
  2. Speichertechnologie: Alfen, Varta, Samsung SDI, Tesla, Aumann
  3. Ausbau der großen Übertragungsleitungen (z.B. SuedLink) und Wasserstoff-Infrastruktur: MBB-Tochter Friedrich Vorwerk
  4. Ladestationen für die E-Mobilität: Alfen, Chargepoint, Compleo, EVBox, Tesla
  5. Planung, Bau und Betrieb von Wind- und Solarparks: PNE, Energiekontor, ABO Wind
  6. Planung, Bau und Betrieb von Biogasanlagen: Envitec Biogas, VerBio

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.